OLG Stuttgart: Besitz von Kinderpornografie in reiner Textform ist nicht strafbar

OLG Stuttgart: Besitz von Kinderpornografie in reiner Textform ist nicht strafbar

OLG Stuttgart: Der Besitz von Kinderpornografie in bloßer Textform ist nicht strafbar.

Ein neuer Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart zieht im Bereich des Sexualstrafrechts Aufmerksamkeit auf sich: In einem Verfahren musste das Gericht entscheiden, ob der Besitz von kinderpornografischen Inhalten in ausschließlicher Textform strafbar ist. 

Im Rahmen einer Hausdurchsuchung wurden beim Angeklagten 225 Textdokumente mit kinderpornografischen und jugendpornografischen Inhalten sichergestellt. Das Landgericht hatte daraufhin eine Verurteilung wegen des Besitzes von Kinderpornografie und Jugendpornografie ausgesprochen. 

Das OLG Stuttgart hat nun die Verurteilung aufgehoben. Die Begründung: Texte allein erfüllen nicht den Straftatbestand des Besitzes von Kinderpornografie gemäß § 184b StGB. Der Gesetzgeber hat bewusst auf eine Strafbarkeit rein textueller Inhalte verzichtet – entscheidend ist, ob es sich um bildliche Darstellungen handelt. 

Keine strafrechtliche Relevanz bei rein textuellen Darstellungen.

Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass die Strafbarkeit des Besitzes von Kinderpornografie (§?184b StGB) ausschließlich auf tatsächliche oder realitätsnahe Darstellungen sexuellen Missbrauchs zutrifft. Auch beim Besitz von Jugendpornografie (§?184c StGB) müssen die Inhalte ein realitätsnahes Geschehen zeigen. 

Reine Texte, also sprachliche Fantasiedarstellungen ohne Bild- oder Videomaterial, erfüllen diese Kriterien nicht. In solchen Fällen liegt kein konkreter Bezug zu einem tatsächlichen sexuellen Missbrauch vor. 

Das OLG Stuttgart verweist zudem auf die Gesetzesbegründung aus dem Jahr 2021. Darin wird ausdrücklich dargelegt, dass textbasierte Darstellungen keine vergleichbare Gefahr der Nachahmung darstellen wie bildliche Inhalte – eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen die Strafbarkeit des Textbesitzes. 

Wer ausschließlich kinderpornografische Texte besitzt, ist nach der derzeitigen Rechtslage nicht strafbar. Dennoch können Ermittlungen sehr belastend sein – ich berate Sie diskret und kompetent. Jetzt können Sie anwaltliche Hilfe im Sexualstrafrecht anfordern – ich vertrete Sie bundesweit. 

Wann kann der Besitz von textbasierter Kinderpornografie dennoch rechtswidrig sein?

Obwohl das OLG Stuttgart entschieden hat, dass ausschließliche Textdarstellungen kinderpornografischer Inhalte nicht strafbar sind, bleibt jeder strafrechtliche Vorwurf im Sexualstrafrecht eine Frage des Einzelfalls. 

Insbesondere wenn textbasierte Inhalte offensichtlich auf realen Missbrauchsfällen basieren oder einen konkreten Bezug zu tatsächlichen Ereignissen aufweisen, kann eine Strafbarkeit nicht ausgeschlossen werden. Entscheidend ist immer, ob die Darstellung im Sinne des Gesetzes als wirklichkeitsnah eingestuft wird. 

Bereits kleine Details in einem Text oder dessen Kontext können den entscheidenden Unterschied ausmachen – beispielsweise, ob Namen, Orte oder echte Ereignisse erkennbar sind. In solchen Fällen kann trotz reiner Textform die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen des Besitzes von Kinder- oder Jugendpornografie in Betracht gezogen werden. 

Gestalten Sie sich mit dem Vorwurf konfrontiert, im Besitz kinderpornografischer oder jugendpornografischer Inhalte zu sein? Zögern Sie nicht, einen erfahrenen Rechtsanwalt für Sexualstrafrecht zu kontaktieren. Eine frühe und gezielte Verteidigung kann entscheidend sein, um Missverständnisse auszuräumen und Ihre Rechte wirkungsvoll zu wahren. 

Strafmaß beim Besitz von Kinderpornografie – welche Konsequenzen erwarten Betroffene?

Wer wegen des Besitzes von Kinderpornografie gemäß §184b Abs.3 StGB verurteilt wird, muss mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bis zu fünf Jahren rechnen. Eine Geldstrafe ist gesetzlich nicht mehr vorgesehen – der Gesetzgeber verfolgt diese Straftat konsequent mit Freiheitsentzug. 

Allerdings kann das Gericht bei einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren die Strafe zur Bewährung aussetzen, sofern keine schwerwiegenden Vorbelastungen oder besondere Erschwerungsgründe vorliegen. 

Der Besitz von Jugendpornografie wird nach §184c Abs.3 StGB milder bestraft. Hier droht entweder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Diese Unterscheidung ist entscheidend für das Strafmaß und die Verteidigungsstrategie in meinem Verfahren. 

Stehen Sie unter dem Vorwurf? Ich biete Ihnen als Rechtsanwalt für Sexualstrafrecht eine diskrete und kompetente Strafverteidigung an. Jetzt Verteidigung sichern und das Strafmaß beeinflussen. 

Rechtsanwalt im Sexualstrafrecht bei Vorwürfen der Kinderpornografie – diskret, erfahren, an Ihrer Seite. 

Ein strafrechtlicher Vorwurf im sensiblen Bereich der Kinder- oder Jugendpornografie kann erhebliche Auswirkungen auf Ihr Privatleben und Ihre berufliche Existenz haben. Selbst wenn bestimmte Inhalte – wie beispielsweise in reiner Textform – nicht strafbar sind, führt bereits das Ermittlungsverfahren häufig zu erheblichen Einschnitten. In solchen Fällen ist eine professionelle, diskrete und fundierte Strafverteidigung unerlässlich. 

Als erfahrener Rechtsanwalt im Sexualstrafrecht stehe ich Ihnen in jeder Phase des Verfahrens kompetent zur Seite. Ich kenne die aktuelle Rechtsprechung – zum Beispiel zur Nichtstrafbarkeit textbasierter Inhalte – und setze dieses Wissen gezielt zu Ihrem Vorteil ein. 

Gemeinsam mit Ihnen entwickle ich eine individuelle Verteidigungsstrategie, analysiere sämtliche Verfahrensunterlagen und setze mich dafür ein, dass Ihre Rechte gewahrt und Ihre Interessen geschützt werden – diskret und engagiert. 

Je früher Sie mich kontaktieren, desto besser kann ich Einfluss auf das Verfahren nehmen. Schweigen Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden – und lassen Sie mich Ihre Vertretung übernehmen. Vereinbaren Sie jetzt ein vertrauliches Erstgespräch. Ich verteidige Sie mit Kompetenz, Erfahrung und dem nötigen Feingefühl – bundesweit. 

Wenn Sie in Berlin mit einem Vorwurf im Sexualstrafrecht konfrontiert werden – etwa wegen des Besitzes kinderpornografischer Inhalte –, sollten Sie schnell einen erfahrenen Strafverteidiger in Berlin einschalten. Als spezialisierter Rechtsanwalt prüfe ich die Rechtslage präzise, sichere frühzeitig entlastende Ansatzpunkte und begleite Sie diskret durch das gesamte Verfahren.

BGH: Gesichtstattoo mit Schriftzug „FUCK“ ist schwere Körperverletzung

BGH: Gesichtstattoo mit Schriftzug „FUCK“ ist schwere Körperverletzung

BGH: Gesichtstattoo mit dem Schriftzug „FUCK“ stellt eine schwere Körperverletzung dar.

In einem bemerkenswerten Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein im Gesicht tätowierter Schriftzug als schwere Körperverletzung angesehen werden kann. Im konkreten Fall handelte es sich um ein Tattoo mit dem Wort „FUCK“, welches einem Mann ohne dessen Zustimmung auf die Stirn tätowiert wurde. 

Der Schriftzug hatte eine Höhe von rund 4,5 cm und eine Breite von 1,5 cm – somit war er deutlich sichtbar und nicht zu übersehen. Nach Überzeugung des Gerichts war es dem Täter gezielt darum gegangen, sein Opfer öffentlich zu stigmatisieren und nachhaltig zu entstellen. Selbst die theoretische Möglichkeit, das Tattoo später mittels Laserbehandlung zu entfernen, änderte laut BGH nichts an der Schwere der Tat. 

BGH: Ein „FUCK“-Tattoo im Gesicht stellt eine schwere Körperverletzung dar – Racheakt aufgrund eines Tattoo-Fehlers. 

Ein Zahlendreher mit schwerwiegenden Folgen: Da ein Bekannter versehentlich anstelle der Zahlenfolge „1312“ die Kombination „1213“ tätowiert bekam, rächte sich der spätere Angeklagte auf drastische Weise. Aus Rache tätowierte er dem Mann das Wort „FUCK“ deutlich sichtbar über die rechte Augenbraue. 

Der Bundesgerichtshof (BGH) beurteilte die Handlung als dauerhafte und erhebliche Entstellung, die eine schwere Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB darstellt – auch wenn eine spätere Laserentfernung grundsätzlich möglich wäre (Beschluss vom 10.04.2025, Az.: 4 StR 495/24). Entscheidend ist die nachhaltige soziale Stigmatisierung durch die auffällige Tätowierung im Gesicht. 

Nur wenige Tage später eskalierte der Konflikt weiter: Der Angeklagte suchte das Opfer erneut auf, verprügelte es schwer und drohte sogar mit dem Tod, falls eine Anzeige bei der Polizei erstattet würde. Die Tat zeigt, wie aus einem harmlosen Fehler eine strafrechtlich bedeutende Gewalttat entstehen kann. 

Verteidigung im Falle eines Vorwurfs der Körperverletzung oder Bedrohung? Als erfahrener Rechtsanwalt prüfe ich alle rechtlichen Optionen – diskret, engagiert und mit dem Ziel, die beste Lösung für Sie zu finden. 

„FUCK“-Tattoo über der Augenbraue erfüllt den Tatbestand der schweren Körperverletzung.

In dem bemerkenswerten Strafverfahren stellte sich die Frage, ob ein tätowiertes Wort im Gesicht als schwere Körperverletzung im Sinne von §226 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 StGB zu werten ist. Das Landgericht Bochum bejahte dies zunächst nicht – jedoch legte die Staatsanwaltschaft Revision ein. 

Mit Erfolg: Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) änderte den Schuldspruch und stellte klar, dass die Tätowierung des Wortes „FUCK“ über der rechten Augenbraue eine dauerhafte und erhebliche Entstellung darstellt. Diese habe der Angeklagte vorsätzlich herbeigeführt, um das Opfer bewusst zu stigmatisieren. 

Der BGH hob hervor, dass eine Tätowierung – selbst wenn sie grundsätzlich entfernt werden könnte – eine körperliche Misshandlung gemäß §223 Abs. 1 StGB darstellt. Im konkreten Fall sei die Entstellung durch das sichtbare Gesichtstattoo so gravierend, dass die Voraussetzungen für §226 StGB (schwere Körperverletzung) erfüllt seien. 

Strafverteidigung im Falle des Vorwurfs der Körperverletzung? Ich verteidige Sie konsequent – von Anfang an. 

BGH: Eine Tätowierung im Gesicht stellt eine erhebliche Körperverletzung dar – selbst wenn eine Laserentfernung in Betracht gezogen wird.

Wie der 4. Strafsenat hervorhob, verändert ein Gesichtstattoo das äußere Erscheinungsbild in ähnlicher Weise wie eine auffällige Narbe. Besonders relevant ist, dass der Geschädigte zuvor kein Tattoo hatte und das gewählte Wort – „FUCK“ – in der Öffentlichkeit als anstößig angesehen wird. Die sichtbare Tätowierung führt daher zu einer sozialen Stigmatisierung, was die Entstellung zusätzlich verstärkt. 

Für die strafrechtliche Bewertung ist es unerheblich, ob das Tattoo technisch entfernt werden kann. Entscheidend ist der Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verurteilung – zu diesem Zeitpunkt war keine Entfernung erfolgt und auch nicht geplant. Der Geschädigte erklärte zudem, sich aus finanziellen Gründen keine Laserbehandlung leisten zu können. Somit ist die Entstellung dauerhaft und dem Täter zuzurechnen. 

Der Angeklagte handelte vorsätzlich: Sein Ziel war es, den Mann durch die Tätowierung dauerhaft zu bestrafen und zu stigmatisieren – damit liegt auch eine vorsätzliche schwere Körperverletzung nach §226 Abs. 2 StGB vor. 

Wird Ihnen eine Körperverletzung mit schwerwiegenden Folgen vorgeworfen? Als Ihr Strafverteidiger in Berlin prüfe ich alle Aspekte Ihres Falls – insbesondere in Bezug auf die Zurechenbarkeit und den Vorsatz.

Sie suchen einen erfahrenen Strafverteidiger in Berlin, der Ihre Rechte konsequent schützt und Sie durch das gesamte Strafverfahren begleitet? Als in Berlin tätiger Rechtsanwalt übernehme ich Ihre Verteidigung in Verfahren wegen Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung sowie sämtlichen anderen strafrechtlich relevanten Vorwürfen. Mit tiefgehender Expertise, strategischem Vorgehen und absoluter Diskretion stehe ich Ihnen in jeder Phase des Strafverfahrens zur Seite.

Unerlaubter Waffenbesitz gemäß § 52 WaffG

Unerlaubter Waffenbesitz gemäß § 52 WaffG

Was bedeutet „unerlaubter Waffenbesitz“?

Von unerlaubtem Waffenbesitz spricht man, wenn jemand ohne die erforderliche behördliche Genehmigung eine Waffe erwirbt, besitzt oder führt. Grundlage ist § 52 des Waffengesetzes (WaffG). Dabei geht es nicht nur um Schusswaffen, sondern auch um bestimmte Messer oder andere Gegenstände, deren Besitz oder Nutzung gesetzlich eingeschränkt ist.

Häufig wissen Betroffene gar nicht, dass für eine Waffe eine Erlaubnispflicht besteht. Genau deshalb ist es entscheidend, frühzeitig alle Fakten zu sichern und anwaltlich prüfen zu lassen. Das Waffenrecht ist komplex – Ausnahmen und Sonderregelungen sind oft schwer zu erkennen. Eine fundierte rechtliche Einschätzung kann über den weiteren Verlauf des Verfahrens entscheiden.

Wesentliche Punkte:

  • Für den Besitz oder das Führen bestimmter Waffen ist eine behördliche Genehmigung erforderlich.
  • Verstöße können mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet werden.
  • Eine frühzeitige anwaltliche Beratung ist die Grundlage jeder erfolgreichen Verteidigung.

Rechtlicher Hintergrund – § 52 WaffG

§ 52 WaffG enthält die Straf- und Bußgeldvorschriften im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen. Unter den Waffenbegriff fallen neben Schusswaffen auch Hieb- und Stoßwaffen, soweit sie gesetzlich als solche definiert sind.

Die Strafhöhe richtet sich nach der Schwere des Verstoßes und kann in besonders gravierenden Fällen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe betragen. Entscheidend sind dabei Art der Waffe, der Zweck ihres Besitzes und der konkrete Einsatzkontext.

Auch der unerlaubte Erwerb oder das Führen einer Waffe ist strafbar. In der Praxis müssen viele Details geprüft werden – etwa, ob Ausnahmen für Sportschützen oder Jäger greifen. Diese Sonderregelungen sind jedoch eng gefasst, und Verstöße können erhebliche strafrechtliche Folgen haben.

Zusammenfassung:

  • § 52 WaffG umfasst sowohl Ordnungswidrigkeiten als auch Straftaten.
  • Die Strafe hängt von vielen Umständen ab.
  • Eine genaue rechtliche Prüfung durch einen erfahrenen Verteidiger ist unerlässlich.

Wichtige Aspekte der Strafverteidigung

  1. Früher Kontakt zum Anwalt: Noch vor einer polizeilichen Vernehmung sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden. Eine unbedachte Aussage kann später schwerwiegende Folgen haben.
  2. Beweissicherung: Dokumente wie Waffenbesitzkarten oder Erlaubnisse sollten frühzeitig gesichtet werden, um mögliche Rechtfertigungen zu belegen.
  3. Analyse der Rechtslage: Das WaffG enthält zahlreiche Sondervorschriften. Ob tatsächlich ein Verstoß vorliegt, lässt sich nur durch eine detaillierte Prüfung aller Umstände feststellen.
  4. Verteidigungsstrategie: Ein erfahrener Anwalt entscheidet, wann eine Aussage sinnvoll ist – und wann Schweigen die bessere Option ist.
  5. Keine voreiligen Geständnisse: Spontane Aussagen im Verhör können als Schuldeingeständnis gewertet werden. Erst nach Akteneinsicht lässt sich die Beweislage realistisch einschätzen.

Typische Fälle unerlaubten Waffenbesitzes

In der Praxis ergeben sich Verfahren oft aus alltäglichen Situationen:

  • Alte Erbstücke wie Gewehre oder Pistolen werden auf Dachböden entdeckt – ohne noch gültige Erlaubnis.
  • Flohmarktkäufe oder Internetbestellungen können unbewusst gegen das Waffenrecht verstoßen.
  • Auch Messer mit bestimmten Klingenlängen oder Mechanismen gelten als Waffen und unterliegen gesetzlichen Beschränkungen.

In solchen Fällen ist juristische Unterstützung besonders wichtig, um Missverständnisse auszuräumen und unberechtigte Vorwürfe abzuwehren.

Beispiele:

  • Erbstücke ohne gültige Genehmigung können strafbar sein.
  • Bestimmte Messer gelten rechtlich als Waffen.
  • Konsequenzen reichen von Geldstrafen bis hin zu Führerscheinentzug und Vorstrafen.

Rechte von Beschuldigten

Wer wegen unerlaubten Waffenbesitzes beschuldigt wird, hat die vollen Rechte eines fairen Verfahrens – darunter:

  • das Recht zu schweigen,
  • das Recht auf anwaltliche Akteneinsicht,
  • und das Recht auf ein faires Verfahren.

Durchsuchungen und Beschlagnahmen müssen gesetzlich gerechtfertigt sein. Wurden diese Maßnahmen ohne ausreichenden Tatverdacht angeordnet, kann dies im Verfahren angefochten werden. Nur durch einen Rechtsanwalt lässt sich prüfen, ob Beweisverwertungsverbote geltend gemacht werden können.

Mögliche Konsequenzen und Strafen

Die Bandbreite der Strafen reicht von Geldstrafen bis hin zu mehrjährigen Freiheitsstrafen. Entscheidend sind Vorsatz, Fahrlässigkeit und die Umstände des Besitzes.

Wer z. B. nicht wusste, dass ein geerbtes Sammlerstück als Waffe gilt, kann milder behandelt werden. Wer dagegen bewusst eine Waffe ohne Erlaubnis führt, muss mit deutlich strengeren Sanktionen rechnen.

Auch Nebenfolgen wie Fahrverbote oder die Entziehung der Fahrerlaubnis sind möglich, wenn Zweifel an der persönlichen Eignung bestehen. Eine frühzeitige anwaltliche Verteidigung kann helfen, solche Konsequenzen zu vermeiden.

Wichtig:

  • Strafen variieren stark nach Einzelfall.
  • Eine Vorstrafe kann erhebliche berufliche Nachteile mit sich bringen.
  • Ohne juristische Unterstützung bleibt das volle Verteidigungspotenzial oft ungenutzt.

Warum anwaltliche Unterstützung unverzichtbar ist

Das deutsche Waffenrecht gehört zu den kompliziertesten Rechtsmaterien. Ohne juristische Expertise ist es kaum möglich, die eigene Lage realistisch einzuschätzen. Bereits kleine Fehler – etwa unbedachte Aussagen – können später kaum korrigiert werden.

Ein erfahrener Rechtsanwalt:

  • bewertet die Erfolgsaussichten einer Verteidigung,
  • prüft mögliche Beweisverwertungsverbote,
  • und entwickelt eine maßgeschneiderte Verteidigungsstrategie.

In manchen Fällen kann sogar eine nachträgliche Legalisierung des Besitzes in Betracht kommen, etwa durch das Nachholen einer Erlaubnis.

Vorteile anwaltlicher Hilfe:

  • Kenntnis der entscheidenden Verteidigungsansätze,
  • umfassende Ausschöpfung der Mandantenrechte,
  • strategisches Vorgehen bereits im Ermittlungsverfahren.

Fazit – Konsequente Verteidigung beim Vorwurf des unerlaubten Waffenbesitzes

Der unerlaubte Waffenbesitz nach § 52 WaffG wirkt auf den ersten Blick einfach, offenbart in der Praxis jedoch zahlreiche rechtliche Feinheiten. Schon kleine Versäumnisse oder fehlende Unterlagen können zu einer Strafanzeige führen.

Eine frühe Einschaltung eines Strafverteidigers ermöglicht eine gezielte Strategie und schützt vor schwerwiegenden Fehlentscheidungen. Wer anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt, erhält nicht nur Klarheit über seine Situation, sondern auch eine realistische Einschätzung der Verteidigungsmöglichkeiten.

Gerade bei sensiblen Themen wie dem Waffenrecht gilt: Nur eine kompetente Strafverteidigung kann die eigenen Rechte voll ausschöpfen und ein faires Verfahren sicherstellen.

Anom und die Kunst der Rechtsbeugung light – Wie der Staat sich selbst ein Alibi schreibt

Anom und die Kunst der Rechtsbeugung light – Wie der Staat sich selbst ein Alibi schreibt

Wenn man die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Operation Anom liest, könnte man meinen, Karlsruhe habe sich klammheimlich eine neue Prozessordnung gebastelt: die StPO für rechtsstaatliche Gymnastikübungen. Darin steht sinngemäß:

Wenn du’s nicht so genau wissen willst, darfst du’s ruhig verwerten.

Kein Verwertungsverbot. Kein Problem. Kein Schamgefühl.

I. Der Rechtsstaat auf der Slackline

Der Staat balanciert bekanntlich gern zwischen „Effektiver Strafverfolgung“ und „Grundrechten“.

Bei Anom hat er diese Slackline allerdings durchgeschnitten, sich ein Trampolin aus FBI-Servern gebaut und ruft von unten:

„Seht her! Ich kann fliegen!“

Zur Erinnerung: Das FBI hatte die angeblich „absolut sichere“ Kryptomessenger-App Anom erfunden, in dunkle Kanäle geschleust und heimlich mitgelesen, was dort an Drogen-, Waffen- und Alltagsneurosen verhandelt wurde. Millionen Nachrichten, systematisch ausgewertet – und irgendwann: Hallo, Deutschland! Auch ihr dürft mal spicken.

Das Problem: Der Zugriff erfolgte nicht einfach so, sondern über ein Rechtshilfeverfahren über Litauen – jenes Land, das in diesem Drama die Rolle des unglücklichen Statisten spielt. Dort wurde ein Gerichtsbeschluss erwirkt, um den Server zu „überwachen“. Nur dass das Gericht offenbar belogen wurde.

Denn der Server war kein Tatort, sondern eine Tarnkappe der Ermittlungsbehörden selbst. Das FBI hat dort den Server dort gezielt platziert, sodann betrieben, überwacht und ausgewertet und dann so getan als hätte man ihn dort gerade zufällig entdeckt.

Einmal kurz gelogen, und schon war das Verfahren sauber.

Zumindest, wenn man Staatsanwalt ist.

II. Das Märchen vom litauischen Gericht

Die Recherchen der FAZ, des Verfassungsblogs und einiger unermüdlicher Verteidiger lesen sich wie Satire:

Das FBI habe dem litauischen Gericht verschwiegen, dass es den Server selbst betrieb. Stattdessen wurde suggeriert, man wolle lediglich „kriminelle Kommunikationsstrukturen überwachen“.

Das litauische Gericht segnete das ab.

Auf dieser Täuschung ruht nun die deutsche Beweisverwertung.

Ein Gericht in Litauen wurde also benutzt, um eine Operation zu legalisieren, deren wahre Natur man ihm absichtlich vorenthielt – und der deutsche Rechtsstaat sagt: Na ja, war ja im Ausland.

Das ist ungefähr, als würde ein Kind sich beim Verstecken die Augen zuhalten und glauben, die Polizei sieht’s dann auch nicht.

III. Karlsruhe schaut weg – mit Methode

Und Karlsruhe?

Karlsruhe nickt.

Man wolle sich nicht „an die Stelle des litauischen Gerichts setzen“, heißt es sinngemäß.

Die Daten seien zwar „überraschend“ zustande gekommen, aber ein Verwertungsverbot ergebe sich nicht.

Das nennt man dann wohl Wertegeleitetheit – allerdings mit einem Kompass, dessen Nadel zuverlässig in Richtung „Ermittlungserfolg“ zeigt.

Karlsruhe argumentiert, die Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis seien gering, weil man ja nur Kriminelle überwacht habe.

Aha.

Also: Weil man nur solche überwacht, bei denen man die Straftat schon vermutet, ist die Massenüberwachung gar keine.

Das ist Logik auf Vorschulniveau:

„Ich hab’ ja nur die erwischt, die schuldig sind, also war’s kein Fehler.“

IV. Juristische Selbsthypnose

Der Bundesgerichtshof hatte bereits vorgemacht, wie man sich durch moralische Selbsthypnose zum Ergebnis lullt:

Die Maßnahme sei nicht „anlasslos“, nicht „massenhaft“, und das Vertrauen in die US- und litauischen Behörden könne man ruhig haben – auch ohne Einsicht in die Originalbeschlüsse.

Das Vertrauen ersetzt die Kontrolle, das Ergebnis ersetzt den Beweis.

Und die Rechtmäßigkeit? Nun ja, die ergibt sich aus der Nützlichkeit.

Man muss es so klar sagen:

Die deutsche Justiz verwertet Beweismittel, deren Ursprung sie nicht kennt, deren Erhebung sie nicht prüfen darf, und deren Grundlage durch Täuschung zustande kam.

Aber weil es Drogenhändler waren, stört’s keinen.

Ein Staat, der so argumentiert, hat die Idee des Rechtsstaats mit der des Ermittlungserfolgs verwechselt.

V. Rechtsstaat oder Rechtsakrobatik?

Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss die Grenze zwischen juristischer Zurückhaltung und politischer Gefälligkeit verwischt.

Es ist ein Signal an die Ermittlungsbehörden:

Wenn ihr’s nur kompliziert genug macht, wird’s schon keiner merken.

Und so beugt sich der Rechtsstaat rücklings durch die Luft, im eleganten Flickflack der „internationalen Kooperation“.

Er landet auf dem Boden der Tatsachen – und nennt es Erfolg.

VI. Fazit: Vertrauen ist gut, Täuschung ist offenbar besser

Vielleicht sollte man § 244 Abs. 2 StPO künftig umformulieren:

„Das Gericht hat die Wahrheit zu erforschen – es sei denn, sie stört den Ermittlungserfolg.“

Wer glaubt, Rechtsstaatlichkeit ende dort, wo es unbequem wird, sollte sich besser nicht wundern, wenn sie irgendwann gar nicht mehr anfängt.

Denn wer sich beim Verstecken die Augen zuhält, sieht irgendwann auch wirklich nichts mehr – weder Recht noch Unrecht, nur noch sich selbst.

 

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. September 2025 – 2 BvR 625/25

Verfahrensbeteiligte: Landgericht Mannheim (5 KLs 811 Js 8839/23), Bundesgerichtshof (1 StR 281/24)

Tenor: Keine Annahme der Verfassungsbeschwerde, kein Beweisverwertungsverbot für Anom-Daten.

 

P.S. — Ein letzter, etwas unbequemer Gedanke: Wenn der Staat beim Zuschauen Notizen macht

Übrigens: Bei all der Euphorie über die „Operation Anom“ lohnt ein kleiner Blick auf den moralischen Restposten.

Denn wenn die Behörden über Monate live mitlesen, wie in Echtzeit Drogenlieferungen organisiert, Waffen verteilt oder neue Taten geplant werden – dann stellt sich eine unbequeme Frage: Warum hat eigentlich niemand eingegriffen?

Das mag ermittlungstaktisch begründet sein („Man will das ganze Netzwerk auffliegen lassen“), doch es bleibt der fade Beigeschmack, dass der Staat hier Straftaten duldet, um sie später besser auswerten zu können.

Ein Vorgehen, das nach außen aussieht wie Kontrolle, im Kern aber Teilnahme durch Unterlassen ist – juristisch nicht im Sinne von § 138 StGB, aber moralisch nah dran an jener Gleichgültigkeit, die man sonst Kriminellen vorwirft.

Wenn der Rechtsstaat beim Verbrechen nur noch mitschreibt, statt einzugreifen, sollte er sich fragen, auf welcher Seite des Bildschirms er eigentlich steht.

Die DNA des Rechtsstaats – Wie Karlsruhe dem Kontrollwahn eine Ohrfeige verpasste

Die DNA des Rechtsstaats – Wie Karlsruhe dem Kontrollwahn eine Ohrfeige verpasste

Über die Kunst, auch ohne Sprung in der Schüssel keine Speichelprobe abzugeben

1. Tatort Hildesheim – oder: Wenn Richter Orakel spielen

Wer in Hildesheim zu oft mit dem Gesetz flirtet, landet irgendwann beim Amtsgericht. So auch ein Mann, der sich in der Vergangenheit offenbar mehr für Körperverletzung als für Körperpflege interessierte und deswegen zwei Bewährungsstrafen kassierte. Was also tun? Richtig, dachte man sich in der örtlichen Staatsanwaltschaft: Wenn wir ihm schon keinen Erziehungserfolg attestieren können, dann wenigstens ein genetisches Profil. Sicherheitshalber, für den Fall, dass er in Zukunft wieder auffällig wird. So prophylaktisch wie die Grippeimpfung – nur invasiver.

Die Gerichte nickten fleißig: Zellenentnahme, DNA-Profil, ab dafür. Und das obwohl § 81g StPO eine “konkrete” Gefahr verlangt – nicht bloß ein vages Gefühl, dass jemand “vielleicht mal wieder was macht”. Doch weil das Leben kein Wahrsagerzelt ist, schritt Karlsruhe ein.

2. Karlsruhe sagt: Schluss mit Kaffeesatz-Leserei!

In seinem Beschluss vom 12. August 2025 (Az.: 2 BvR 530/25) zerlegt das Bundesverfassungsgericht die Hildesheimer DNA-Fantasien in ihre molekulargenetischen Einzelteile. Der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sei massiv, so die Richter – und dürfe nicht auf Basis eines Bauchgefühls angeordnet werden. Oder wie man in Karlsruhe vermutlich nicht sagt: “Nur weil jemand schon mal Mist gebaut hat, heißt das nicht, dass er genetisch dazu verdammt ist.”

Insbesondere rügen die Richter:

  • fehlende Einzelfallprüfung

  • keine sachgerechte Gefahrenprognose

  • Missachtung der aktuellen Lebensumstände des Betroffenen

Die Instanzgerichte hatten sich offenbar mit der intellektuellen Gründlichkeit eines Dönerspießes im Hochsommer durch die Anforderungen des § 81g StPO gedreht. Aber: Rechtsstaat heißt eben nicht “Stempel drauf und weiter”, sondern “Prüfen, Abwägen, Begründen”.

3. Konsequenz: Kein genetischer Generalverdacht!

Was bleibt? Eine erfrischend klare Ansage aus Karlsruhe: Nur weil man jemanden kennt, der früher mal Mist gebaut hat, darf man ihm nicht automatisch das Etikett „Wiederholungstäter in spe“ auf die Stirn kleben – und schon gar nicht in seine Zellen eindringen. Grundrechte gelten auch für Leute mit Vorstrafe. Und Prognosen gehören in den Wetterbericht, nicht in Gerichtsbeschlüsse.

So bleibt festzuhalten: Der Rechtsstaat hat DNA – aber keine Kristallkugel.

Aktenzeichen:

BVerfG, Beschluss vom 12.08.2025 – 2 BvR 530/25

Maskenaffäre in neun Akten – ab sofort ungeschwärzt

Maskenaffäre in neun Akten – ab sofort ungeschwärzt

(Maskenaffäre oder: Wie Jens Spahn das Gesundheitsministerium in einen Selbstbedienungsladen verwandelte und Andrea Tandler dabei die Kasse klingeln ließ)

1. Vorspiel: Staatsversagen als Lehrfilm

Jens Spahn, vormals unser Krisen-Minister im Selbstversuch, hat es geschafft, dass wir dank großzügiger Bestellungen mit sieben Milliarden Euro an Haushaltsrisiken und genügend Altware für ein lebenslanges Karnevalskontingent versorgt sind. Schon der Sudhof-Bericht attestiert ihm „fehlendes ökonomisches Verständnis“ gepaart mit der Überzeugung, sein Haus könne ohne jede Beschaffungsexpertise „koste es, was es wolle“ einkaufen. Dass nun auch die ungeschwärzte Fassung öffentlich ist, verdanken wir ausgerechnet FragDenStaat – der Transparenz-Truppe, die man im BMG bis heute für eine Hackergruppe hält.

Elf Milliarden Euro Bestellvolumen für Masken, von denen letztlich nicht einmal ein Drittel sinnstiftend den Weg auf ein Gesicht fand – der Rest rottet in Hallen oder in Müllöfen vor sich hin. 517 Millionen Euro unmittelbarer Schaden, weitere Milliarden an Prozess- und Lagerkosten – so liest sich der jüngste Bericht des Bundesrechnungshofes, der die Maskenbeschaffung des Jahres 2020 inzwischen als “Großprojekt zur Vermögensvernichtung” führt. Umverteilung klingt schöner, das Geld ist ja nicht weg, sondern nur bei den „Amigos“.

2. März – Mai 2020: Von Null auf Elf Milliarden in 60 Tagen

  • 04.–06.03.2020: Die klassischen Beschaffungs­behörden zeigen erste Lieferverträge.

  • 07./08.03.2020: Spahn erklärt das Verfahren kurzerhand zur One-Man-Show, ruft persönlich Händler an und verspricht Millionenaufträge noch vor formeller Haushaltsermächtigung.

  • 09.–31.03.2020: Dringlichkeitsvergaben ohne Mengen­begrenzung, ab 1,95 € bis 5,80 € pro Stück – ein Masken-Yard-Sale mit Vorkasse.

  • 01.04.2020: Das legendäre Open-House-Verfahren geht online; jeder darf liefern, solange er das Fiege-Lager trifft.

Am 7./8. März entscheidet Jens Spahn persönlich, die zentrale Beschaffung über Bundeswehr und BMI zu ignorieren und selbst einzukaufen – ganz nach dem Motto “Whatever it Takes – lasset die Mäsklein zu mir kommen”. Wenige Tage später beschließt die Ministerrunde das Open-House-Verfahren (OHV): Kontrahierungszwang, unbegrenzte Mengen, feste Abnahme zu einem vom Ministerium diktierten Preis. Ergebnis: Angebots-Tsunami, logistische Schnappatmung, 739 Zuschläge – und eine Lagerhalle voll Hoffnungswerte.

3. Open House oder: “Fünf-Neun-Fünf, wer bietet mehr?”

Die Fachabteilung empfahl 2,90 € pro FFP2-Maske. Spahn ließ den Preis auf 5,95 € brutto anheben – nachts, per SMS, ohne weitere Begründung. Der Sudhof-Bericht spricht von einem möglichen Verstoß gegen das Höchstpreis­gebot.

4. EMIX, Tandler & die Kunst des Masken-Schneeballs

Besonders “attraktiv” war der Schweizer Lieferant EMIX: hohe Preise, dünne Zertifikate – vermittelt von PR-Lobbyistin Andrea Tandler (CSU-Umfeld), die dafür fast 50 Mio. € Provision einsackte. Das Problem: Der Fiskus bekam davon kaum etwas ab. Die 6. Wirtschaftsstrafkammer des LG München I verurteilte Tandler im Dezember 2023 zu 4 Jahren 5 Monaten wegen millionenschwerer Steuer­hinterziehung. Der Bundesgerichtshof bestätigte den Schuldspruch, stellte einen Teil ein und senkte die Strafe auf glatte drei Jahre (Beschl. v. 20. 4. 2025, Az. 1 StR 238/24). Rechtskräftig.

5. Logistik-Lotterie: Fiege gewinnt ohne Los

Weil man Masken nun einmal nicht stapelt wie Briefmarken, bekam das Familienunternehmen Fiege einen Rahmenvertrag bis zu 1,4 Mrd. € – ohne Ausschreibung, ohne Leistungsbeschreibung. Selbst das Verteidigungsministerium warnte vor dem Blindflug; erhört wurde es nicht.

6. Kassensturz: Bilanz eines XXL-Einkaufs

  • Verpflichtungen: > 11 Mrd. €

  • Direkter Schaden laut BRH: 517 Mio. €

  • Offenes Prozessrisiko OHV: 2,3 Mrd. € (OLG Köln hält Rücktritte für unwirksam)

  • Lager- & Vernichtungskosten bis 2027: dreistellige Millionenbeträge 

Kurz: Im Vergleich wirkt Scheuers Maut-Fiasko mit 243 Mio. € wie Peanuts und die „Amigo-Affäre“ aus dem Jahre 1993 wegen Bestechung mit ein paar Reisen fast lächerlich.

7. Compliance light: Gelöschte Chats & Spendendinner deluxe

Dienst-SMS? Weg. WhatsApp-Logs? Auch weg. Dafür blieb Zeit für ein Leipziger Spendendinner à 9 .999 € pro Kopf und eine spontane Mail-Runde an Immobilien­mogul René Benko (inzwischen Untersuchungshaft). Transparenz war offenbar nur für OP-Masken vorgesehen. Die Sudhof-Ermittler fanden „vollständige Akten“ bis heute nicht vor und bezeichnet die Aktenlage im BMG höflich als “nicht behörden­adäquat”. Transparenz, so lernt man, ist der natürliche Feind der politischen Spontan­einfälle.

8. Rechtliche Nachhutgefechte

Der Sudhof-Report liefert reichlich Anknüpfungspunkte für Amtshaftungs­klagen (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG), sieht aber – ganz diplomatisch – die Latte des “qualifizierten Verschuldens” noch nicht übersprungen. Bislang steht allein Tandler verurteilt da. Spahn darf weiter Bundestagssitzungen schmücken. Ob er irgendwann als Zeuge, Beschuldigter oder Kronzeuge auftaucht, entscheidet die Politik – oder eben der Untersuchungsausschuss, den “Frag den Staat” mit seinen Leaks längst vorgedacht hat.

9. Aktenzeichen für die Nerd-Fraktion

Zum Schluss

Wer jetzt noch einen Mund-Nasen-Schutz braucht, möge sich an die Vernichtungs­lager des Bundes wenden – oder an den Antiquitäten­händler seines Vertrauens.

Richterwahl in Schieflage: Die Demokratie ist nicht kaputt, sie ist nur schlecht gelaunt

Richterwahl in Schieflage: Die Demokratie ist nicht kaputt, sie ist nur schlecht gelaunt

Was war passiert? Drei Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht sollten gewählt werden. Es war alles ausgehandelt: SPD, Union, ein bisschen Konsens hier, ein bisschen „Sie kriegen unsere, wenn wir eure nehmen“ dort. Ein klassisches demokratisches Speed-Dating mit Gruppenvertrag. Und dann, bäm: Plötzlich sind die Kandidaten von der Tagesordnung. Plagiatsvorwürfe. Aktivismusvorwürfe. Und natürlich: Über 50 Unionsabgeordnete, die sich dachten, warum immer nur Füßchen unter den Fraktionstisch, wenn man auch mal richtig mit der Hacke stampfen kann?

Plagiatsjagd mit Familienanschluss

Die prominenteste Kandidatin, Frauke Brosius-Gersdorf, wurde plötzlich zur Reizfigur. Der Vorwurf: Ihre Dissertation soll an 23 Stellen bei der späteren Habilitation ihres Ehemanns abgeschrieben haben. Was immerhin chronologisch gesehen rekordverdächtig wäre. Denn ihre Arbeit kam vor seiner raus. Der Plagiatsjäger Weber wusste zwar nicht, wer von wem übernahm, fand aber: Eine Frau kann ja wohl schlecht von einem Mann abschreiben, wenn dieser noch gar nichts geschrieben hatte. Klingt logisch. Wie aus der Hand von Loriot.

Abtreibung, Aktivismus und andere Wahlverhinderungsgründe

Eigentlicher Aufreger war aber wohl, dass Brosius-Gersdorf in einer Reformkommission 2024 über die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen nachgedacht hatte. Für manche Abgeordnete ein Grund, den Untergang des Abendlandes zu wittern. Und damit auch den Untergang ihrer Fraktionsdisziplin. Man wolle doch keine Aktivistin in Karlsruhe, hieß es. Verstehe. Akademisch hochqualifiziert, juristisch argumentationsstark, aber: nicht neutral genug. Wie der ADAC, wenn er Radwege lobt.

Demokratiealarmismus als Staatsdoktrin?

Die Empörung über den geplatzten Wahltermin war groß. Von „Blockade“ war die Rede, von „Supreme-Court-isierung“. Man sah die Unabhängigkeit der Justiz bedroht, den Parlamentarismus in der Sackgasse, den Untergang des Rechtsstaats heraufziehen. Dabei hatte nur eine Parlamentsfraktion nicht so abgestimmt, wie es sich die Parteispitze gedacht hatte. Das ist kein Skandal, das ist Alltag in einer Demokratie. Oder wie man in China sagen würde: „Was für eine anarchische Zumutung.“

Fazit: Wählen darf auch wehtun

Die abgesagte Richterwahl ist kein Drama einer Staatsform, sondern legt „nur“ eine weitere Bruchstelle in der toxischen Beziehung der Regierungskoalition offen. Demokratie ist kein Exerzierplatz für Disziplinfanatiker, sie ist ein Verfahren. Und sie funktioniert eben auch, wenn es mal knirscht. Wer bei abweichenden Meinungen gleich das Ende des Rechtsstaats ausruft, zeigt nur: Er versteht die Freiheit des Mandats und das Prinzip der Gewaltenteilung wie ein Mafia-Pate Loyalität – als persönliche Unterwerfung unter die Familiendoktrin, idealerweise mit Blutschwur oder Betonfüßen.

Wer die Wahrheit will, muss mit dem Verräter leben können

Wer die Wahrheit will, muss mit dem Verräter leben können

Ich liebe den Verrat, aber hasse den Verräter

Ein Bonner Urteil, das die Republik erschüttert hat wie ein Cum-Ex-Sparplan den Bundeshaushalt: Dr. Kai-Uwe Steck, juristischer Architekt steueroptimierter Parallelwelten, wurde am 3. Juni 2025 wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Fünf Fälle. Ein Jahr und zehn Monate. Auf Bewährung.

Und das bei einem Steuerschaden in dreistelliger Millionenhöhe! Die Republik empört sich. Die „Bild“ tobt, das „Handelsblatt“ nennt das Urteil eine Farce. Und irgendwo in einem Finanzamt in Castrop-Rauxel weint ein Sachbearbeiter bittere Tränen auf die Lohnsteuererklärung eines Bäckermeisters.

Doch der Reihe nach.

Der Mann, der zu viel wusste

Kai-Uwe Steck war nicht einfach ein Mitläufer. Er war kein Azubi im Maschinenraum, sondern Konstrukteur des Antriebs. Als Wirtschaftsanwalt entwarf er die juristischen Schaltpläne, mit denen Banken und Investoren sich das Kapitalertragsteuerkarussell schönrechneten. Cum-Ex war sein Design.

Doch dann wechselte Steck die Seiten. Er wurde Kronzeuge. Und nicht irgendeiner. Er war das Sägeblatt, das die große Cum-Ex-Eiche fällte. Dank seiner Aussagen: hunderte Millionen zurück an den Staat, Verfahren gegen Hanno Berger und Christian Olearius. Steck sprach, und die Cum-Ex-Welt wankte.

Gesetz ist Gesetz

§ 46b StGB heißt das Zauberwort. Die Kronzeugenregelung. Wer entscheidend zur Aufklärung beiträgt, darf auf eine mildere Strafe hoffen. Oder sogar auf ein Absehen von Strafe. Auch bei Wirtschaftskriminalität. Auch bei Cum-Ex. Das ist kein Skandal, das ist Gesetz.

Das Landgericht Bonn hat dieses Gesetz angewendet. Es hat die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung erkannt, es hat die Aufklärungsleistung gewürdigt, es hat die Milderung vorgenommen. Punkt.

Das Missverständnis von Gerechtigkeit

Die Empörung über das Urteil ist groß, weil sie mit einem fatalen Missverständnis einhergeht: Dass Strafe ein Racheakt sei. Doch moderne Strafjustiz will nicht rächen, sondern regulieren, motivieren, aufklären. Und manchmal auch: belohnen. Ja, belohnen. Nötig ist das, wenn es ohne die Hilfe des Täters keine gerechte Aufarbeitung gäbe.

Die Idee, dass ein Täter, der mitarbeitet, weniger bekommt als einer, der schweigt, ist kein Skandal. Sie ist ein strategisches Instrument. Wer Steck jetzt an den Pranger stellt, weil er 11 Millionen zahlte, aber 50 verdient hat, übersieht: Ohne Steck wären gar keine Millionen zurückgeflossen.

Verrat mit Ansage

„Ich liebe den Verrat, aber hasse den Verräter“ soll Kaiser Vespasian gesagt haben. Und wer einmal den Kommentar von Malte Vogtsmeier im Handelsblatt liest, versteht: Der Satz lebt. Steck hat das System verraten, das er einst selbst mitgebaut hat. Dafür wird er jetzt doppelt gehasst: als Täter und als Verräter.

Aber vielleicht sollten wir lieber die lieben, die den Verrat wagen. Auch wenn sie sich dabei nicht selbst vernichten. Wer Kronzeugen will, darf sie nicht ruinieren. Wer Aufklärung verlangt, muss mildernde Umstände anerkennen. Das Urteil ist kein Persilschein. Es ist ein Lehrbuchfall des § 46b StGB.

Und es ist ein Zeichen: Dass Gerechtigkeit mehr ist als Strafe. Nämlich auch Vernunft.


Aktenzeichen: LG Bonn, Urteil vom 3. Juni 2025, 63 KLs 1/22
Ausführliche Dokumentation auf der Webseite des sehr geschätzten Kollegen Dr. Strate https://strate.net/verfahren/strafverfahren-cum-ex-kronzeuge-landgericht-bonn/

Geschäftsführer wider Willen – oder: Wie man sich ins Gefängnis „faktisch“ hineinarbeitet

Geschäftsführer wider Willen – oder: Wie man sich ins Gefängnis „faktisch“ hineinarbeitet

I. Der Fall: Kartoffelschälbetrieb mit Betriebsblindheit

Was klingt wie ein Sketch aus dem Schwarz-Weiß-Fernsehen der Fünfziger, war in Wirklichkeit Gegenstand einer höchst realen Strafsache: Ein Unternehmen in Süddeutschland beschäftigte osteuropäische Arbeitskräfte, die für 30 Euro am Tag – nicht pro Stunde – Kartoffeln schälen durften. Die Kartoffeln hatten’s gut: Die wurden wenigstens geschält. Die Sozialversicherungsbeiträge blieben teilweise gleich ganz unberührt – was bei der Vielzahl der Fälle irgendwann auch den Fiskus und die Strafverfolgung auf den Plan rief.

Drei Personen wirkten im Unternehmen mit: Einer mit Stempel und Handelsregistereintrag – formeller Geschäftsführer –, zwei ohne offizielles Amt, aber mit wirtschaftlichem Gestaltungswillen. Während der eine Unterschriften leistete, führten die anderen Bankkonten, Mitarbeiter und – wie das Landgericht meinte – das eigentliche Geschäft.

II. Die juristische Frage: Wenn drei sich streiten, wer war dann Chef?

Die Strafkammer sah in den beiden Letztgenannten faktische Geschäftsführer – also solche, die zwar nicht offiziell eingesetzt, aber in der Sache verantwortlich seien. Und weil das deutsche Strafrecht mit Begriffen arbeitet, die sich so elastisch dehnen lassen wie der Begriff “Verantwortung” bei politischen Rücktritten, wurde das kurzerhand so hingenommen.

Der Bundesgerichtshof hatte daran jedoch – man glaubt es kaum – etwas auszusetzen. Denn: Wer als faktischer Geschäftsführer verurteilt werden soll, muss auch tatsächlich eine überragende Stellung innehaben. Nicht einfach nur „mitmachen“, „ein bisschen lenken“ oder „am meisten wissen“, sondern richtig: Weisungsbefugnis, Alleinentscheidungsmacht, faktische Firmenmonarchie.

Diese Prüfung hatte das Landgericht sich gespart – wohl in der Annahme, dass schon irgendjemand schuld sein müsse. Im Zweifel eben alle in einen Sack und mit dem Knüppel der  Geschäftsführerhaftung immer kräftig draufgehauen. Der BGH hingegen verlangte Nachsitzen in Wirtschaftsstrukturkunde und schickte die Sache zurück an die Strafkammer. Mit der freundlichen Erinnerung: Auch im Strafrecht gilt der Grundsatz „nulla poena sine lege“ – und nicht „irgendwer wird’s schon gewesen sein“.

III. Fazit: Zwischen Kartoffelschale und Verantwortungslage

Das Urteil zeigt einmal mehr, dass nicht jeder, der am Ruder steht, auch der Kapitän sein muss. Wer als faktischer Geschäftsführer verurteilt werden soll, muss nachweislich das Ruder fest in der Hand gehalten haben – und zwar nicht nur beim Kartoffelschälen, sondern im unternehmerischen Gesamtgefüge. Die Strafjustiz hingegen sollte sich ab und zu daran erinnern, dass auch der Begriff „überragend“ nicht bedeutet: „Der war irgendwie dabei.“


Aktenzeichen: BGH, Beschluss vom 23. März 2022 – 1 StR 511/21

Sicherungsverwahrung mit Etikettenschwindel

Sicherungsverwahrung mit Etikettenschwindel

Oder: Wie der BGH dem Landgericht Leipzig die Verpackungsverordnung erklärt hat.

I. Der Fall – Strafsache oder Sicherungsverfahren? Antwort: „Je nachdem, was gerade auf dem Etikett klebt“

Das Landgericht Leipzig hatte eine glorreiche Idee: Wenn ein Angeklagter vielleicht schuldunfähig ist, aber dennoch irgendwie weggesperrt gehört – warum nicht einfach so tun, als sei das alles ein Sicherungsverfahren gewesen? Wie kam es dazu? Die Staatsanwaltschaft beantragte einst einen Strafbefehl, das Amtsgericht machte eine Hauptverhandlung draus, ein Gutachter sprach, das Amtsgericht erkannte seine eigene Unzuständigkeit und ordnete richtigerweise nur eine vorläufige Unterbringung an. Es gab die Sache sodann an das Landgericht ab, das jedoch den Ball nicht sauber aufnahm: Weder stellte die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Durchführung eines Sicherungsverfahrens, noch fasste die Kammer den erforderlichen Beschluss zur Überleitung – und schwupps: wurde der „Beschuldigte“ dennoch in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen, als sei das alles völlig normal.

Was fehlte? Ach ja: die rechtliche Grundlage.

Denn das Ganze war – wie der BGH trocken feststellte – gar kein Sicherungsverfahren. Und als solches hätte es geführt werden müssen, wenn man denn schon meinte, der Mann sei schuldunfähig. Doch stattdessen hat man eine Strafsache draus gemacht, als könne man zwischen § 63 StGB und dem Sicherungsverfahren der §§ 413 ff. StPO frei nach Tagesform entscheiden – obwohl genau das nach ständiger Rechtsprechung des BGH unzulässig ist: „Die Überleitung des Strafverfahrens in ein Sicherungsverfahren nach § 413 ff. StPO ist nach Zulassung der Anklageschrift und Eröffnung des Hauptverfahrens nicht möglich; vielmehr ist der Angeklagte im Falle der Schuldunfähigkeit freizusprechen und gegebenenfalls im Strafverfahren nach §§ 63, 64 StGB unterzubringen“ (BGH, Beschl. v. 18.8.2021 – 5 StR 247/21).

II. Das Urteil: BGH 5 StR 213/25 – eine kleine Lehrstunde in Prozessrecht

Der BGH hat diesen juristischen Etikettenschwindel nicht durchgehen lassen: Urteil aufgehoben, zurück an eine andere Kammer des Landgerichts, und das mit klarer Ansage: Wer nach § 63 unterbringen will, muss auch das Verfahren dafür wählen. Das nennt sich: Formgebot – oder wie Rudolf von Jhering es formulierte:

„Die Form ist die geschworene Feindin der Willkür, die Zwillingsschwester der Freiheit. Denn die Form hält der Verlockung der Freiheit zur Zügellosigkeit das Gegengewicht, sie lenkt die Freiheitssubstanz in feste Bahnen, daß sie sich nicht zerstreue, verlaufe, sie kräftigt sie nach innen, schützt sie nach außen.“

Man möchte ergänzen: Sie verhindert auch, dass psychiatrische Unterbringungen aus Versehen auf dem Formblatt „Anklageschrift“ bestellt werden.

III. Fazit – Justiz mit Stil, nicht aus dem Reste-Regal

Was bleibt? Die Hoffnung, dass Landgerichte sich künftig weniger wie improvisierende Küchenchefs verhalten („Was haben wir denn noch im Kühlschrank?“), sondern das richtige Rezept samt korrektem Etikett verwenden.

Denn im Zweifel gilt: „Sicherungsverfahren“ bleibt „Sicherungsverfahren“, auch wenn es in einer Tupperdose mit der Aufschrift „Strafprozess“ serviert wird.


BGH, Beschluss vom 6. Mai 2025 – 5 StR 213/25