Unter dem Motto „Deutschlandweit – gemeinsam gegen Schnellfahrer“ fällt am Donnerstag den 18. September 2014 um 6.00 Uhr der Startschuss zum diesjährigen „24 Stunden Blitzer-Marathon“ der Polizei. Was wie ein sportliches Großereignis angekündigt wird, ist eine breit angelegte PR-Aktion, um publikumswirksam auf die Unfallgefahr durch überhöhte Geschwindigkeit hinzuweisen.
Auch die Berliner Polizei beteiligt sich und wird verstärkt Kontrollen durchführen. Es soll an 290 Orten gemessen werden. Eine Übersicht der geplanten Messstellen finden Sie HIER.
„Geblitzt“ wird selbstverständlich auch den Rest des Jahres. In meiner anwaltlichen Beratungspraxis treffe ich immer wieder auf ähnliche Argumentationsmuster der betroffenen Fahrer. Was Erfolg verspricht, wie Sie sich am besten Verhalten und was Sie auf keinen Fall von sich geben sollten, wenn Sie zum „verkehrsaufklärerischen Gespräch“ angehalten werden, erfahren Sie hier:
1. Die Vorsatzfalle: „Ich hatte es eilig, ich habe einen Termin“
„Sie wissen warum wir Sie angehalten haben?“ Die nett klingende Gesprächseinleitung ist tatsächlich eine Vorsatzfalle. Wenn Sie darauf antworten und Zeitdruck als Begründung angeben, zahlen Sie doppelt so viel, als wenn Sie nichts gesagt hätten, denn diese Rechtfertigung deutet daraufhin, dass Sie sich der überhöhten Geschwindigkeit bewusst und damit „vorsätzlich“ zu schnell unterwegs waren. Ohne Erklärung wäre man zu Ihren Gunsten von „Fahrlässigkeit“ ausgegangen. Bei Vorsatz wird die Geldbuße in der Regel verdoppelt.
2. Technische Mängel: „Mein Tacho spinnt/das Gaspedal hat geklemmt.“
Um die Schuld von sich zu weisen, sollten Sie keine technischen Mängel am Fahrzeug erfinden. Derartige Angaben sind relativ leicht zu widerlegen. Zur Feststellung von technischen Mängeln, welche die Verkehrssicherheit gefährden, kann das Fahrzeug von der Polizei sichergestellt und eine teure Überprüfung durch einen Gutachter auf Ihre Kosten angeordnet werden.
3. Für „Vielfahrer“ sollten andere Regeln gelten
Wenn Sie der Auffassung sind, dass es normal sei, dass man als Vielfahrer öfter geblitzt wird und man dies mildernd berücksichtigen müsse, dann liegen Sie falsch. Es gibt kein „Bonussystem“ für das Einhalten der Verkehrsregeln. Auch wer auf den letzten 100.000 km keine Punkte gesammelt hat, muss sich weiter an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten. Berufskraftfahrer haben eine Vorbildfunktion und müssen daher die Verkehrsregeln genauso beachten wie jemand der nur Samstags zum Einkaufen fährt. Es ergeben sich aber möglicherweise Ansatzpunkte für die Abwendung eines drohenden Fahrverbotes.
4. Abzocken statt „richtige Verbrecher“ jagen
Im ersten Moment ist die Empörung groß. Man fühlt sich abgezockt. Die Stelle ist überhaupt nicht gefährlich. Die Beamten gängeln den braven Bürger anstatt Kinderschänder und Drogendealer aufzuspüren. Der Ärger ist psychologisch verständlich. Schließlich wurde man ertappt, während Unrecht an anderer Stelle vermeintlich nicht mit dieser Intensität verfolgt wird. Allerdings gibt es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Nur weil ein staatlicher Eingriff in einer vergleichbaren oder schlimmeren Situation unterlassen wurde, heißt das natürlich nicht, dass unrechtmäßiges Verhalten gar nicht mehr geahndet werden darf.
5. Scheinbare Verfahrensmängel: Dienstmütze / kein Fotobeweis
Hoheitliches Handeln muss grundsätzlich selbst rechtmäßig sein. Es gibt zahlreiche Fehlerquellen bei der Geschwindigkeitsmessung, doch nicht jedes „Haar in der Suppe“ führt dazu, dass eine Messung ungültig ist. Ein Mythos hält sich sich hartnäckig: „die fehlende Dienstmütze“. Entgegen der landläufigen Meinung ist ein Verstoß gegen die interne Dienstanweisung zum Tragen der Mütze kein Grund, die Messung anzugreifen. Auch ein Fotobeweis ist bei vielen Messmethoden nicht erforderlich. Es ist bei einigen Messmethoden ausreichend, dass der Messbeamte den Wert auf dem Display abgelesen hat. Eine Diskussion vor Ort ist nicht Erfolg versprechend.
Richtige Reaktion:
Die beste Reaktion ist erst einmal ruhig durchzuatmen, um sodann Führerschein und Fahrzeugschein bereit zu halten. Machen Sie keine Angaben zur Sache. Zeigen Sie die Papiere und sobald Sie Post von der Polizei erhalten, beauftragen Sie einen Anwalt mit der Prüfung auf alle Fehlerquellen. In vielen Fällen lassen sich Ungenauigkeiten in der Messtechnik, der Bedienung, der Identifikation, der Zuordnung, der Zustellung, der Beschilderung oder der Dokumentation finden, die dazu führen, dass Sie freigesprochen oder das Verfahren eingestellt wird. Möglicherweise kann ein drohendes Fahrverbot abgewendet werden. Seit der Punktereform im Mai diesen Jahres wird die Fahrerlaubnis bereits bei Erreichen von 8 Punkten entzogen. Es kann sich also durchaus lohnen, genau überprüfen zu lassen, ob der Bußgeldbescheid rechtmäßig ist.
Ein allzeit gute Fahrt wünscht
Rechtsanwalt Kolja Zaborowski