Wohnst Du noch oder fackelst Du schon?

Wohnst Du noch oder fackelst Du schon?

Wer sein Haus anzündet, will vermutlich nicht mehr darin wohnen. Klingt banal, ist aber für die rechtliche Einordnung, ob es sich um eine schwere Brandstiftung handelt von entscheidender Bedeutung. Geschütztes Rechtsgut ist und bleibt die „Wohnstätte“ und wenn diese im Alleineigentum des Tatverdächtigen steht, kann er sich auch jederzeit dazu entscheiden, dass das dem Feuer geweihte Gebäude in alter Schabowski Manier „also ick sach ma ab sofort gilt das unverzüglich“ nicht mehr dem Wohnzweck dient.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Landgericht Frankenthal allerdings bereits aufgrund einer hanebüchenen Beweiswürdigung auf. Dem Angeklagten wäre eine unbedachte Spontanäußerung fast zum Verhängnis geworden. Dies bestätigt mal wieder die wichtigste Regel der Strafverteidigung: Schweigen ist Gold. Hier hat der Beschuldigte lediglich gegenüber einem Polizisten geäußert, dass er allein vor Ort war, als er den Brand bemerkte. Dies hat dem Landgericht ausgereicht, um davon auszugehen, dass der Angeklagte den Brand auch gelegt haben muss:

„Aus dieser Äußerung hat das Landgericht ohne nähere Begründung den Schluss gezogen, dass der Angeklagte die einzige Person gewesen sei, die sich im Zeitpunkt der absichtlichen Brandlegung vor Ort befand und daher allein als Täter in Betracht komme.“

Da staunt der Fachmann und der Zeuge fürchtet sich. Wenn dies zur Beweisregel erhoben werden sollte, dürften Zeugen, die nicht selbst als Tatverdächtige verfolgt werden wollen, zukünftig nur noch Brände melden wenn sie gleichzeitig andere Tatverdächtige benennen können. Die Qualität der Überzeugungsbildung bewegt sich damit ungefähr auf dem Niveau von: „Wer den Pups zuerst gerochen…“

Das zwischen dem Zeitpunkt der Brandlegung und der Brandbemerkung ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen kann, dass der Angeklagte möglicherweise andere Personen schlicht nicht bemerkt hat oder ein technischer Defekt an den Stromleitungen, im Zählerkasten oder einem Küchengerät die Ursache des Brandes gewesen sein könnte, wird nicht weiter erörtert. Die konkrete Brandursache wurde nicht festgestellt. Auch der Zeitpunkt der vermeintlichen Brandlegung oder der Zeitpunkt des Bemerkens wurden nicht mitgeteilt. Objektive Spuren wie Brandbeschleuniger konnten offenbar nicht gefunden werden. Damit ist die Überzeugung von der Täterschaft nichts weiter als eine Vermutung. RUMMS – da ist also doch mal die Grenze überschritten, bei der die Revisionsinstanz die Beweiswürdigung des Landgerichts zerlegt, die doch eigentlich dem Tatrichter vorbehalten ist. Erörterungsmängel in dieser Qualität sind allerdings auch nicht so häufig anzutreffen.

Manche Formulierungen sind so elegant, die möchte man siezen:

„Die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewissheit setzt objektive Grundlagen voraus, die den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Diese Überzeugungsbildung muss deshalb auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruhen und erkennen lassen, dass die vom Tatgericht gezogenen Schlussfolgerungen mehr als eine Annahme oder eine Vermutung sind, für die es an einer belastbaren Tatsachengrundlage fehlt und die daher nicht mehr als einen ‒ wenn auch schwerwiegenden ‒ Verdacht begründen.“

„Denn regelmäßig ist mit dem Inbrandsetzen der Wille kundgetan, das Gebäude nicht mehr als Wohnung zu benutzen . Eine solche Entwidmung nimmt dem Tatobjekt aber die von § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB vorausgesetzte Zweckbestimmung.“

BGH 4 StR 128/23

H&M oder H&F? Egal – geblitzt ist geblitzt

Der Mandant war ganz schön erstaunt, als er den Anhörungsbogen sah. Er hatte sogar leichte Ähnlichkeit mit der auf dem Messfoto abgebildeten Person, aber er war es nicht, denn

Bußgeldverfahren
Bußgeldverfahren

1. er befand sich zur Tatzeit nicht in Deutschland, da war er sich ganz sicher und

2. er hat schon viele Fahrzeuge geführt, aber noch keinen Ford aus Hameln Pyrmont (HM). In Herford (HF) war allerdings ein Fahrzeug auf ihn angemeldet, dessen Kennzeichen hinsichtlich der mittleren Buchstabenkombination und der hinteren Erkennungsnummer identisch war – ABER eben nicht hinsichtlich der vorn angegebenen Abkürzung für den Landkreis.

Da hat die Behörde also fast alles richtig gemacht – außer diese beiden kleinen Dinger da vorne am Kennzeichen (ja diese Buchstaben) korrekt abzulesen. Auf den Hinweis, dass der Mandant nicht die auf dem Messfoto abgebildete Person sei, folgte dann auch die Einstellungsnachricht im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Soweit so gut – sodann wurde allerdings noch mitgeteilt, dass die Verkehrsbehörde unterrichtet werde, um zu prüfen,

„ob Ihnen als Halter des Fahrzeugs auferlegt wird, ein Fahrtenbuch zu führen (§ 31a StVZO)“.

Das fand der Mandant dann gar nicht mehr lustig.

Ich habe dem Herrn Landrat dann noch mal alles schön buchstabiert, damit bei den zwei kleinen Dingern auch nichts mehr durcheinander kommt. Und schwups wurde der bereits gestellte Antrag auf Anordnung einer Fahrtenbuchauflage zurückgenommen.

Jaja – wo gehobelt wird da fallen nicht nur Späne. Standardisiertes Messverfahren, automatische Kennzeichenerkennung und Standardschreiben mit Textbausteinen: ist die Mühle erst einmal in Schwung gekommen muss man gut aufpassen das man nicht unter die Räder kommt, denn wenn man die kurzen Einspruchsfristen versäumt, wird so ein Quatsch im schlimmsten Fall auch noch rechtskräftig.

Es lohnt sich doch öfters als man denkt, den Bußgeldbescheid überprüfen zu lassen, auch wenn die Fehler nicht immer so eindeutig sind.

Was macht man mit der Heizung im Sommer?

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Angesichts der aktuellen Wetterlage habe ich hier mal einen irrwitzigen Vorschlag für diese unnützen hässlichen Dinger im Keller und an der Wand:

Bildschirmfoto 2014-07-28 um 15.09.47
Besonders schwerer Fall des Diebstahls – Freispruch

Das es bei dieser „dünnen“ Beweislage überhaupt zur Anklage gekommen ist, verdankt der Mandant offenbar seiner nicht ganz blütenreinen Weste. Aber wo kein Zeuge, da kein Schuldspruch, obwohl doch alles andere so schön zusammen gepasst hätte.

Was sich im Urteil so leicht liest, musste allerdings in der Beweisaufnahme erst mühsam herausgearbeitet werden. Die Zugangsmöglichkeiten der übrigen Beteiligten wurden von der Staatsanwaltschaft leider nicht ermittelt und in der Akte dokumentiert, sondern erst in der Hauptverhandlung von der Verteidigung erfragt. Vielleicht ist das Gericht aber auch ins Grübeln gekommen, als ich den Eigentümer darauf ansprach, dass er das Objekt verkaufen wollte – der Angeklagte sich aber weigerte auszuziehen. Beim Stichwort „Entmietungsmaßnahmen“ wurde der Eigentümer auf einmal etwas feucht auf der Stirn; und versichert war der „Schaden“ natürlich auch ganz ordentlich. Die Schadenaufstellung ging bei der Versicherung nach ein paar Tagen, beim Gericht erst auf mehrfache Nachfrage und 8 Monate später ein. Ein Schelm der Böses dabei denkt.

Wenn dann mehrere Dinge nicht mehr so schön ins Bild passen, und es sich gar nicht mehr verhindern lässt…

Für den besonders schweren Fall des Diebstahls muss man übrigens keine besonders schweren Sachen stehlen ;o)