Einleitung: Mimimi ist auch ein politisches Statement
Früher, so sagen alte Leute mit ergrautem Bart und Restbiervorrat im Herzen, hätte man als Politiker Rückgrat gebraucht. Heute reicht ein Twitter-Account – und ein Anwalt. Denn was tun unsere Volksvertreter:innen, wenn sie mit der rauen Realität der freien Meinungsäußerung konfrontiert werden? Genau: Anzeigen schreiben. Nicht mal selbst, versteht sich – dafür hat man Personal.
Fall 1: Der Penis und der Polizei-Apparat
Beginnen wir mit einem Klassiker. Hamburg, 2021. Ein Mann kommentiert einen Tweet des damaligen Innensenators Andy Grote mit den schlichten Worten: „Du bist so 1 Pimmel.“ Für viele ein pubertärer Kalauer. Für den Staat: Anlass für eine Hausdurchsuchung. Kein Witz. Um 6 Uhr morgens. Mit richterlichem Beschluss. Für ein Wort, das anatomisch korrekt, gesellschaftlich verpönt und juristisch wohl eher… meh ist.
Was folgte, war kein Rücktritt des Senators, sondern eine Verhaftung der Peinlichkeit. Und zwar der politischen. Dass Polizei und Justiz hier Ressourcen verbrannten, mit denen man auch echte Verbrechen verfolgen könnte (Steuerhinterziehung, Körperverletzung, Cum-Ex – erinnern Sie sich?), störte erstaunlich wenige in der Hamburger SPD.
Fall 2: Strack-Zimmermanns Strafanzeigen-Staffellauf
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, gerne kriegerisch im Ton, scheint in Sachen Kritikempfindlichkeit auf einer Skala von 1 bis Glasscherbe bei Windstärke 9 zu liegen. Hunderte Anzeigen wegen Beleidigungen, Schmähkritik und Internetunflat – da bleibt für die Staatsanwaltschaft kaum noch Luft, sich mit so Nebensächlichkeiten wie Mord, Totschlag oder Clan-Kriminalität zu beschäftigen.
Wäre sie eine Privatperson, könnte man sagen: gut, ist ihr gutes Recht. Als prominente Politikerin jedoch, die regelmäßig verbal gegen politische Gegner, andere Länder und halbe Bevölkerungsgruppen austeilt, wirkt das etwas… nun ja, inkonsequent. Oder, um es juristisch präzise zu sagen: mimös.
Fall 3: Habeck, Baerbock & die Schutzheiligen der Empörung
Auch die Grünen-Spitze lässt sich nicht lumpen. Der Bundeswirtschaftsminister Habeck, sonst ein Mann mit Hang zur Lyrik und zur Wärmepumpe, zeigt sich wenig poetisch, wenn es um persönliche Angriffe geht. Beleidigung? Anzeige. Schmähkritik? Anzeige. Ironie? Im Zweifel auch Anzeige – sicher ist sicher.
Annalena Baerbock hat offenbar ein eigenes Ressort für Social-Media-Screening aufgebaut, das aus jedem unfreundlichen Kommentar ein Aktenzeichen macht. Ergebnis: Hunderte Ermittlungsverfahren, weil irgendjemand irgendwas Unflätiges ins Netz geschrieben hat. Gratulation – die Meinungsfreiheit wird zur Fußnote im Strafrecht.
Fazit: Wer austeilt, sollte auch einstecken können – oder schweigen
Natürlich: Hass, Hetze, Drohungen – all das gehört verfolgt. Niemand muss sich alles gefallen lassen. Aber wenn Politiker:innen jeden Furz zur Straftat erklären lassen und dabei die Justiz zur PR-Abteilung ihrer Eitelkeit machen, läuft etwas gewaltig schief. Vor allem, wenn sie selbst regelmäßig rhetorisch in die Vollen greifen und die eigene Wortwahl zwischen provokant, spaltend und sturmschadengleich rangiert.
Meinung ist kein Verbrechen. Und wer sich auf die öffentliche Bühne stellt, muss mit Buh-Rufen rechnen – und mit dem einen oder anderen digitalen „Pimmel“. Das ist nicht schön, nicht nett, aber: frei. Und Freiheit ist kein Wellnessprogramm.