Die Mandantin war sauer: auf Ihren Freund, sie hatte es ja immer gesagt: „Hör auf – irgendwann geht das in die Hose“. Sie sollte am Ende recht behalten. Ihr Lebensgefährte war passionierter Hobbygärtner und hatte für den Eigenbedarf (und etwas darüber hinaus) in dem Abstellraum der gemeinsamen 2-Zimmer-Altbauwohnung eine kleine aber feine Cannabis-Plantage errichtet. Es kam wie es kommen musste: eine Zeit lang geht alles gut (das sollte man natürlich nicht zu laut sagen, ansonsten wird ganz wild gerechnet) aber dann irgendwann fliegt es auf. Es ist meist nur eine Frage der Zeit, denn die Sollbruchstellen sind vielfältig und es ist schwer, alles unter Kontrolle zu behalten. Mal ist es das empfindliche Näschen des Nachbarn, mal die enttäuschte Exfreundin, ein unzufriedener Kunde, die Meldung des Versorgers über die ungewöhnlich hohe Stromrechnung, der anonyme Hinweis eines „Mitbewerbers“ oder wie hier: ein Wasserrohrbruch bei Abwesenheit und die Feuerwehr entdeckt die Pflänzchen. Nun hatte der Lebensgefährte auch noch besonderes Pech, denn die Ernte stand unmittelbar bevor. Einen Tag später wäre alles sauber gewesen – nun wurde aber der Wirkstoffgehalt der Pflanzen in voller Blüte ermittelt und zu Grunde gelegt. Und der war ganz ordentlich. In dem Fall führte das zu dem Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (die Grenze von 7,5 Gramm reinem THC war doch deutlich überschritten). Weil die Beiden zusammen wohnten und auch einige Fingerspuren von meiner Mandantin an ein paar Sachen gefunden wurden, klagte man meine Mandantin wegen Beihilfe an.
In der ersten Instanz vor dem Amtsgericht habe ich für die Mandantin erklärt, dass sie nichts mit der Sache zu tun habe. Sie habe keine Hilfe geleistet. Fingerspuren gelangen schon mal auf irgendwelche Tütchen und die Küchenwaage, wenn man dort wohnt und gelegentlich auch mal aufräumt. Dabei nimmt man die Sachen in die Hand, die da so rumliegen – und das ist nicht verboten, mehr wolle sie zur Sache nicht sagen. Ich wähnte die Mandantin damit auf der sicheren Seite – aber was so ein knorriger Amtsrichter dann bei dieser Beweislage macht, steht manchmal auf einem ganz anderen Blatt. Er verurteilte – das Strafmaß von 60 Tagessätzen war wohl als Friedensangebot gemeint – mir war nicht nach Frieden; und die Mandantin folgte mir in die nächste Instanz.
Das Landgericht hat dann auch die passenden Worte gefunden. Viel deutlicher kann man einem Amtsrichter nicht ins Gebetbuch schreiben, dass er sich doch mal mit dem aktuellen Stand der Rechtsprechung auseinandersetzen möge:
Beim nächsten Mal versuche ich es in Reimform. Vielleicht klappt´s dann ja schon beim Amtsgericht.