Warum Durchsuchen? WEIL ICH DAS SAGE!

Selten kommt es vor – aber heute war ich mal positiv von einem Polizeibeamten überrascht. Umso wichtiger, dass dies auch mal lobend erwähnt wird, denn von der Staatsanwaltschaft ist mitdenken seitens der Polizei offenbar nicht erwünscht – zumindest wenn es sich zu Gunsten des Beschuldigten auswirkt.

In einem Verfahren wegen des Vorwurfs der Geldwäsche hat der Polizeibeamte einen Durchsuchungsbeschluss gegen meinen Mandanten erhalten, den er vollstrecken soll. Er hatte aber vorher schon fleißig ermittelt und deshalb inzwischen gar keinen Tatverdacht mehr gegen diesen. Er geht vielmehr davon aus, dass der Beschuldigte selbst Opfer einer Betrugsmasche geworden ist. Dies erklärt er dem Staatssanwalt nochmal anhand seiner Ermittlungsergebnisse, die sich auch in der Akte finden, fasst diese zusammen und schickt die Akte zurück mit der „Bitte um Prüfung des Durchsuchungsbeschlusses“. 

Aktenauszug - Durchsuchung wegen Verdacht der Geldwäsche
Aktenauszug – Durchsuchung wegen Verdacht der Geldwäsche

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Er will halt keinen rechtswidrigen Durchsuchungsbeschluss vollstrecken. Denn das wäre es, wenn man durchsucht, obwohl gar kein Tatverdacht vorliegt.

Das Verfassungsgericht hatte in einer Entscheidung mal ein paar treffende Takte dazu geschrieben:

Notwendiger und grundsätzlich auch hinreichender Eingriffsanlass für Zwangsmaßnahmen im Strafverfahren ist der Verdacht einer Straftat. Erforderlich zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG ist somit der Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist. Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderung liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht finden lassen. Eine Durchsuchung darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind, denn sie setzt einen Verdacht bereits voraus (vergleiche BVerfG Kammerbeschluss vom 26.10.2011 – 2 BvR 15/11).

Leider trifft die Bitte des Polizisten den Durchsuchungsbeschluss auf Grundlage der aktuellen Ermittlungsergebnisse kritisch zu überprüfen, auf taube Ohren, blinde Augen oder einen arroganten Staatsanwalt, der sich nicht mit den Argumenten auseinandersetzt, sondern auf die Vollstreckung des Durchsuchungsbeschlusses besteht, weil – naja, weil er es eben kann, denn was folgt, ist an Schlichtheit nicht zu überbieten:

 

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Mehr nicht! Keine Prüfung, keine Reflexion, keine Rechtfertigung sondern eine autoritäre Basta-Entscheidung eines Weisungsgebers an seinen Untergebenen. So geht also also die „objektivste Behörde der Welt“ mit den begründeten Einwänden ihrer Erfüllungsgehilfen um.

Was folgt ist die Vollstreckung der Durchsuchung mit viel Aufregung bei der Familie mit minderjährigen Kindern, die in Angst und Schrecken versetzt werden und das Auffinden von – keinerlei Beweismitteln. Oh Wunder – vielleicht lag der Beamte mit seinen Schlussfolgerungen aus den bisherigen Ermittlungen ja richtig und der Beschuldigte ist wirklich unschuldig.

Was macht nun aber der Betroffene und sein Strafverteidiger? Da solche Durchsuchungen nicht angekündigt werden, kann sich das „Opfer“ einer unrechtmäßigen Durchsuchung, nur hinterher beschweren und beantragen, dass gerichtlich festgestellt wird, dass die Durchsuchung rechtswidrig war. Es kommen auch Entschädigungsansprüche in Betracht, wenn ein nachweisbarer Schaden entstanden ist. Bei einer derart willkürlich anmutenden Entscheidung könnte man darüber hinaus noch an rechtliche Schritte gegenüber dem Staatsanwalt nachdenken. Aus der Ausbildung habe ich aber immer noch die 3 Fs der Dienstaufsichtsbeschwerde im Hinterkopf: Fristlos, formlos ABER vor allem fruchtlos.

Ob diese Schritte zur Rehabilitierung beim Betroffenen das Vertrauen in den Rechtsstaat – der eigentlich die Unverletzlichkeit der Wohnung grundgesetzlich garantiert – aber wiederherstellt steht auf einem ganz anderen Blatt…